Ein gutes Pferd hat keine Farbe, sagt man. Viele Züchter wissen, dass sich Rappen und Braune besser vermarkten lassen, als Füchse oder Schimmel. Außer man findet Kaufinteressenten, die gerade Füchse oder Schimmel lieben… .Daher taucht im Rahmen der Gen-Forschung immer wieder die Frage nach der Farbvererbung auf.
In der Warmblutzucht ist das noch relativ einfach:
Es gibt drei Grundfarben: braun, schwarz und fuchsfarben.
Weiß ist keine Farbe – und das meine ich nicht despektierlich, sondern es ist in der Farbvererbung so, warum kommt gleich…
Pferde haben zwei Hauptpigmenttypen für die Fellfarbe.
Entweder dunkel (braun oder schwarz) oder rot.
Die Verteilung des schwarzen Hautpigments wird von dem Agouti-Gen(A) gesteuert.
Die Vererbung der Fuchsfarbe wird von dem Extension-Gen (E) gesteuert.
Das dominante E führt zur Bildung von Braun oder Schwarz. Die Anlage e wird rezessiv, also unterdrückt vererbt. Nur bei reinerbigem e/e wird das Pferd immer fuchsfarben, weil dann das Extension-Gen in seiner Wirkung ausgeschaltet wird.
Bei E/E und E/e entscheidet das Agouti-Gen (A), ob das Pferd die Grundfarbe braun oder schwarz hat.
Große Buchstaben bedeuten dieses Gen wird dominant über das Gen mit einem kleinen Buchstaben vererbt.
- Braun – E_ / A_ mit schwarzem Langhaar
- Rappe – _/_ a/a
- Fuchs – e/e _/_ (ist das Extensiongen bei dem Nachkommen reinerbig klein e, wird die Wirkung des Agoutigens ausgeschaltet und es erblickt ein Fuchs die Welt. Aber: natürlich kann von diesem Fuchs das Agoutigen trotzdem weitervererbt werden … siehe unten.
Schimmel – entstehen aus einer der drei Grundfarben heraus. Diese Pferde tragen zusätzlich das Gen Greying (G); da dies dominant vererbt wird, setzt sich der Schimmel immer durch.
Unabhängig von der Grundfarbe entstehen, während des „Ausschimmelns“ mit zunehmendem Alter des Pferdes, verschiedene Entwicklungsstadien. Die Pigmentierung der Haut bleibt aber in der ursprünglichen Grundfarbe.
Silvergen – Effekt (= Windfarben) vor allem sichtbar an Mähne und Schweif, die bei Vorhandensein des Silver-Gens (Z), mit weißen und grauen Haaren durchsetzt sind. Dies ist die Folge der verringerten Einlagerung des dunklen Farbpigments „Eumelanin“ in das (Lang-)haar und betrifft nur Rappen (Rappsilber) und Braune (Braunsilber). Der Erbgang ist autosomal-dominant, d.h. eine Genanlage auf einem Chromosom reicht aus, um das Pferd im Langhaar so erscheinen zu lassen.
Die Mutation wird mit Augenproblemen „Multiple Congenital Ocular Abnormalities“ (MCOA) assoziiert. Es sollte also nicht angestrebt werden, auch wenn es schön aussieht, Pferde mit Silver-Gen zu züchten.
Bei den drei Grundfarben (Brauner/ Rappe/ Fuchs) ergeben sich folgende Kombinationsmöglichkeiten der zwei Farb-Gene auf den Chromosomenpaaren für das einzelne Pferd:
Vererbung der Fellfarben beim Warmblut
Bei der Verschmelzung der Eizelle mit dem Spermium im Eileiter der Mutterstute, kommen jeweils ein einfacher Chromosomensatz (32 Chromosomen) von der Mutter und ein einfacher Chromosomensatz (32 Chromosomen) vom Vater zusammen, damit beim Fohlen wieder ein doppelter Chromosomensatz (64 Chromosomen) entsteht. Die hier aufgeführten Fellfarbengene werden auf den Autosomen, also auf den Nicht-geschlechtsspezifischen (X/Y-Chromosomen) vererbt.
Das bedeutet das Warmblut-Fohlen bekommt jeweils eine der möglichen Farbgen-Kombinationen von e und a von der Mutter und eine der möglichen Farbgen-Kombinationen von e und a vom Vater. Liegt auf diesen Chromosomen auch nur auf einem der beiden zusätzlich das Schimmelgen, wird es in jedem Fall ein Schimmel. Ist bei den Rappen und Braunen ohne Schimmelgen auf einem Chromosomen das Silver-Gen vorhanden, bekommt das Fohlen die Silberaufhellungen im Langhaar und eventuell die Augenerkrankung auch gleich mit.
Escobar’s Familie – eine Ansammlung von braunen Pferden?
Was bedeutet das jetzt für die Farbvererbung?
Es wird immer jeweils ein Extension-Gen (E oder e) und ein Agouti-Gen (A oder a) von der Mutter und eins vom Vater weitergegeben. Wenn der Nachkomme von beiden ein kleines „e“ bekommen hat, wird die Wirkung des Augouti-Gens ausgeschaltet und es entsteht immer ein Fuchs.
Würde ein Züchter die Farbgen-Konstellation der Vererber-Hengste, die für seine Stute in die engere Auswahl kommen, kennen, so könnte er bei reinerbig Augoustin Genen A/A wissen, dass kein Fuchs aus seiner Braunen heterozygoten Stute das Licht der Welt erblicken kann. Umgekehrt bei einer reinerbigen A/A Stute, kann auch bei einem heterozygoten A/a Hengst kein Fuchs entstehen.
Ebenso könnte der Züchter auch die Wahrscheinlichkeit eines schwarzen Nachkommens erhöhen, wenn er ein Rappen für seine Anpaarung auswählt.
Wählt der Züchter einen Schimmel-Hengst, oder züchtet er mit einer Schimmelstute, so wird durch die dominante Vererbung des Schimmelgens, welches Extension-Gen und Augouti-Gen ausschaltet, immer einen Schimmel als Nachkomme auf die Welt kommen.
Ein gutes Pferd hat bekanntlich keine Farbe … . Aber ich weiß wie viel Spaß den Züchtern diese Überlegungen machen und daher hier diese Erklärungen – und vielleicht ist es auch eine Möglichkeit für die Hengsthalter, nicht nur die neuen Gendefekte-Träger zu kennzeichnen, sondern auch die Farbgene ihrer Hengste mit anzugeben.
Übrigens: Noch ist es nicht möglich die „Aufhellungs- und Abdunklungsgene“ der hellen Braunen, der hellen Füchse oder der Schweißfüchse, sowie der Sommer-, bzw. Winterrappen zu testen. Dies wird aber vermutlich angesichts der rasanten Entwicklung in diesem Bereich nicht mehr lange auf sich warten lassen.
Da sich dieser Escobar- Block mit der Warmblutzucht befasst, sind auch hier nur die Farbvererbungen der Warmblüter dargestellt. Gleiches gilt für die vererbbaren Genkrankheiten der Warmblüter. Die komplexen Farbvererbungen der anderen Rassen und die häufig auch mit den spezial Farben gekoppelten Erbkrankheiten hätten hier den Rahmen gesprengt. Ich möchte nur die Züchter von Warmblütern und auch der anderen Rassen warnen, nicht ohne gründliche Kenntnis der Genetiklehre, neue Farbvarianten in die Warmblutzucht einzukreuzen. Dies fördert zwar die Gen-Diversität, aber es kann auch fatale Folgen für die Gesundheit unserer zukünftigen Pferde haben, wie man an dem Silver-Gen (s.o.) sehen kann.