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10 Genetik in der Warmblutzucht

Pferdezucht

Als vor über 5.500 Jahren die Menschen in der Steppe Kasachstans begannen Pferde als Haustiere zu halten, dienten diese Pferde zunächst nur als Fleisch- und Milchlieferanten. Erst einige hundert Jahre später kamen die Nomaden Eurasiens und des alten Orients auf die Idee das Pferd als Zug-, Lastentier und später auch als Reitpferd zu verwenden.

Die in Gefangenschaft gehaltenen Tiere vermehrten sich und bald schon griff der Mensch in die Auswahl der angepaarten Tiere ein. Dieser Wendepunkt bildete den Unterschied zwischen Vermehrung und Zucht. Die im menschlichen Umgang friedlichsten Pferde erhielten den Vorrang gegenüber den aggressiven und schwierigen, die Stuten mit der höheren Milchleistung wurden gezüchtet, ebenso wie die kräftigen Tiere mit einer höheren Gewichtszunahme, als Fleischlieferant.

Erst viel später, als die Pferde auch als Reit-, Zug- und Lastentier verwendet wurden, veränderten sich signifikant die Skelettknochen und die Muskulatur der gehaltenen und gezüchteten Hauspferde.

Als im Jahr 2008 das Forscherteam um den Franzosen Ludovic Orlando in Toulouse unzählige Erbinformationen (DNA-Genome) archäologischer Pferdefunde und moderner Pferderassen vollständig entschlüsselt hatte, traten spannende Ergebnisse zu Tage:

Alle zur Verfügung stehenden genetischen Informationen der Hauspferde gehen auf einen Gründerhengst, oder zumindest auf extrem eng verwandte männliche Tiere, zurück. Die genetische Vielfalt der ursprünglichen Hauspferde begründete sich auf einer großen Anzahl von weiblichen Tieren, die den Populationen immer neu zugeführt worden sind.

Allerdings konnte Orlando’s Forschungsteam, alleine über die Erbinformationen (DNA) auch nachweisen, dass vor circa 200 Jahren die Züchtungen der einzelnen Pferderassen deutlich intensiviert wurden. Seitdem ist die genetische Vielfalt in den Pferdepopulationen gesamt und besonders in den einzelnen Rassen stark zurückgegangen. Dadurch können sich potentiell schädliche Gendefekte (Mutationen) in den Genpools ansammeln, die wiederum zu einem hohen Risiko an genetischen Erkrankungen (Erbkrankheiten) führen.

In kaum einem anderen Fachbereich der Wissenschaften findet gerade so viel neuer Erkenntnisgewinn statt, wie zurzeit in der Genforschung beim Pferd.

Wissenschaft ist das, was Wissen schafft

Dieses Wissen aber, müssen wir auch nutzen und dürfen nicht die Augen davor verschließen. Bereits erkannte und wissenschaftlich nachgewiesene Gendefekte, die zu kranken Pferden führen, dürfen nicht in dem Genpool belassen werden, sondern müssen von der Zucht ausgeschlossen werden. Natürlich besteht dadurch die Gefahr die Diversität des Genpool der einzelnen Rassen noch mehr zu verkleinern. Aber hier müssen alle Zuchtverbände aufwachen und neue Ziele definieren und diese in den Körungen, den Prämierungen und in den Stutenleistungsschauen auch durchsetzen. Es ist überflüssig den hundertsten Nachkommen einer gängigen Linie zu kören, der nun aber neu mit einem inzwischen bekannten Gendefekt daherkommt. Die Gendiversität, also völlig unbekannte Linien einzukreuzen, muss in der Zucht und in der Prämierung wieder mehr Berücksichtigung finden. Die intensive Trennung der Zuchten nach dressur-, springen-, vielseitigkeitbetonten Pferden, muss zugunsten der Gen-Diversität wieder durchbrochen werden und darf nicht so fortgesetzt werden.

Wie funktioniert Genetik und was bestimmt den Genpool einer Pferderasse?

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