Beschäftigt man sich mit dem Thema Doping, kommt man an der WADA nicht vorbei.
Die ‚Welt-Anti-Doping Organisation‘ wurde, ausgelöst durch das Internationale Olympische Komitee 1999 gegründet und definiert seitdem weltweit für alle Sportarten die geltenden anti-Doping Maßnahmen. An den Vorgaben der WADA angelehnt, gelten für die internationale Pferdewelt die Veterinary Regulations der FEI (Fédération equestre internationale).
Auf nationaler Ebene aber bilden die Anti-Doping- und Medikamentenkontroll-Regeln (ADMR) der FN die Grundlage. Dabei orientiert sich die FN an den Regeln der WADA und den Interpretationen der nationalen Stiftung: NADA. Für alle Zuchtverbände und damit auch für jedes einzelne Mitglied eines Verbandes, der sich unter dem Dach der FN eingefunden hat, sind diese Regeln bindend.
Listen der ADMR (siehe LPO)
In den ADMR sind in Liste I Substanzen und Methoden aufgelistet, die während eines Wettkampfes verboten sind. Die Liste II führt Substanzen auf, die außerhalb eines Wettkampfes für therapeutische Zwecke eingesetzt werden dürfen, jedoch im Zusammenhang mit einem Wettkampf als unerlaubte Medikation gelten.
Die Liste III umfasst die Substanzen, deren Anwendung/ Wirkung beim Pferd nicht nur während, sondern auch außerhalb eines Wettkampfes grundsätzlich verboten sind.
In den Listen sind für die einzelnen Substanzen Grenzwerte angegeben. Hier führt nur der Nachweis einer Substanz nicht zu einem positiven Ergebnis der Dopingprobe, sondern erst dann, wenn die Menge der Substanz einen festgelegten Grenzwert übersteigt. Einige der Substanzen, die zu den Substanzen mit Grenzwerten zählen, werden von den Pferden im Körper selbst produziert oder kommen in deren Umwelt oder im Grundfutter vor. Eine geringe Konzentration wird deswegen akzeptiert.
Doping und Tierschutzgesetz
Ebenso greift in die Dopingproblematik das deutsche Tierschutzgesetz ein, vor allem mit seinen §§ 1-3. Das bedeutet aber auch, dass das Doping eines Pferdes nicht mehr nur ein Vergehen im Sinne der Regeln der Reiterlichen Vereinigungen darstellt, sondern inzwischen auch gesellschaftlich juristisch belangt werden könnte.
Zusammenfassend kann man auf der Basis des Tierschutzgesetzes und der nationalen und internationalen Regelwerke sagen, dass Doping im Pferdesport, alle am und im Körper eines Pferdes angewendeten Substanzen und Methoden umfasst, die dazu geeignet sind die Leistung eines Pferdes zu manipulieren, ohne dessen Einsatz das Pferd zu dieser Leistung nicht in dieser Form befähigt gewesen wäre.
Ziel des Dopings ist es immer, die Leistung eines Pferdes zu manipulieren.
In welchem Zusammenhang ist Doping bei Körungen relevant?
Beim Thema Tierschutz und angesichts der ethischen Grundsätze der FN ist Doping der Pferde moralisch abzulehnen. Und natürlich stellen Zuchtauswahlen auch eine Art von Wettkampf dar, dem der sport-ethische Gedanke eines fairen Wettkampfes mit Einsatz von Doping entgegen spricht. Aber die Frage stellt sich hier nicht ethisch-moralisch, sondern warum werden überhaupt Substanzen zur Leistungsmanipulation im Rahmen von Körvorbereitungen und Körungen eingesetzt? Was ist das Ziel?
Beim Absetzer beginnt das Spiel
Wenn ein Fohlen von seiner Mutter abgesetzt wird, steht die Entscheidung an, ob ein Hengstfohlen als Hengst großgezogen werden soll, oder ob er kastriert wird. Wird die Entscheidung gefällt, dass ein Fohlen als Hengst aufwachsen soll, beginnen hier bereits die ersten Weichenstellungen. Keiner weiß wie sich das Pferd entwickeln wird, aber unabhängig ob der Hengst 2-3 jährig zur Körung, und/ oder zur Auktion vorgestellt werden soll, oder als Reitpferd groß werden soll: Jetzt muss Aufzucht, Pflege, Umgang und Fütterung schon stimmen.
Wird aber ein 2jähriger Hengst im Juli/ August von der Weide hereingeholt, um für die ersten Vorauswahlen im Oktober vorbereitet zu werden, fangen einige fast bei Null an. Die Pferde kennen teilweise kaum Halfterführigkeit, selten kennen sie das Angebundensein, kaum einen ruhigen Umgang beim Hufschmied, keine Boxenhaltung, oft noch nicht einmal regelmäßige Kraftfuttergaben. Sie sind jung unbedarft, die ersten männlichen Hormone melden sich und der Schweif hängt mit spärlichen Haaren über zwei Jahre ungepflegt am Ende des meist dünnen Jungpferdes.
Dann beginnt das Aufstallen, die erste Sedierung erfolgt „zum Zähne machen“, was nicht selten mit zu frühem Abnehmen der Milchzahnkappen und der Wolfszahnextraktion und damit zu Zahnschmerzen des jungen Pferdes führt. Dann kommt der Hufschmied, teilweise kommen nun schon die ersten Eisen unter die Vorderhufe, um das auszugleichen, was zwei Jahre versäumt worden ist. Trense, Longiergurt, Ausbinder, Lauftraining an der Hand, Springen, Boxenhaft, Kraftfutter, Scheren und Eindecken. Man braucht kein Pferdekenner zu sein, um zu verstehen wie groß alleine die psychische Belastung dieser jungen Pferde ist.
Sogenanntes „chronisches Doping“
Viele dieser Junghengste sehen zum Zeitpunkt der Aufstallung aus wie zweijährige Jungpferde nun einmal aussehen. Schlacksig, hochbeinig und ein wenig rippig. Um diese Pferde innerhalb von 2 ½ Monaten muskulär „aufzubauen“, wird eventuell nicht nur mit Futter und Training, sondern auch mit Hormongaben nachgeholfen. Das männliche Wachstumshormon Testosteron bildet hier eine verbotene Idee. Die jungen Pferde, die zu dem Zeitpunkt bereits selbst schon einen hohen Testosteronspiegel und damit auch einen höheres Aggressionspotential besitzen, werden eventuell mit GnRH-Hormonen gespritzt. Diese Anwendungen sind verboten, allerdings sind diese Nachweise zum Zeitpunkt der Veranstaltungstermine schwierig bis unmöglich.
Zumindest aber sollten die Zuchtverbände langsam wach werden, wenn bei den gekörten 3jährigen Hengsten Probleme mit dem vollständigen Abstieg beider Hoden und im Bereich der Samenqualität auftreten. Ich denke hier müssen unangekündigte Kontrollen im Vorfeld einer Körung in die Überlegungen der Verbände mit einbezogen werden. Es geht hier um den Erhalt der Gesundheit der Junghengste und da sind auch die Zuchtverbände, aus meiner Sicht, mit in der Verantwortung – zumindest, wenn man es ernst meint.
Sogenanntes „akutes Doping“
Wird ein Junghengst zum Vorauswahltermin gebracht, entstehen die nächsten Probleme. Gegebenenfalls fehlte die Zeit für ruhiges, stressfreies Verladetraining. Hier wird der eine oder andere für den Transport sediert. Vielleicht in der Woche zuvor schon zum Nachscheren, aber kein Verband nimmt meines Wissens nach Dopingproben im Rahmen der Vorauswahltermine. Somit bekommt das erst mal keiner mit …
Bei der Anlieferung für die Hauptkörung kommen viele Junghengste zusammen, die alle den vergleichbaren Stress der Vormonate hinter sich haben. Diese Pferde sollen sich „in Lack“, mit viel Kraft, selbstbewusst als angehende Vererber präsentieren. Aber einige sind schon „über die Uhr“. Die Müden müssen „gepuscht“ werden und die völlig „überdrehten“ ein wenig „runter gefahren“ werden. Alles was jetzt verbotener Weise pharmakologisch eingesetzt wird, zählt zu dem sogenannten akuten Doping. Also Doping welches das Verhalten des Pferdes in der Situation des Wettkampfes verändern soll.
Zusammenfassend:
Chronisches Doping im Rahmen der Vorbereitung:
- zum schnelleren optischen Aufbau des Körpers
- zum Aufbau der Libido in Verbindung mit schnellerer Bildung von Muskelmasse
- zur Beruhigung/ Händelbarkeit eines „aggressiven“ (=überforderten) Hengstes
Akutes Doping im Rahmen der Veranstaltungen:
- um einen überdrehten, aggressiven Hengst ruhiger und ausgeglichener erscheinen zu lassen, ohne seine Bewegungs- und Reaktionsfähigkeit deutlich zu reduzieren
- um dem eigentlich schon müden Hengst mehr Kraft, Ausstrahlung und Libido zu verleihen
- um Sicht- und fühlbare Entzündungen am Bewegungsapparat/ geringgradige Lahmheiten zu verbergen
- um (stressbedingten) Juckreiz, allergische Reaktionen zu unterdrücken
Welche Substanzen sind in den letzten Jahren im Rahmen der Körungen aufgetaucht?